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Again 05 (Dream Agian)
Again 05 (Dream Agian) Read online
Inhalt
Titel
Zu diesem Buch
Widmung
Dream Again Playlist
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Epilog
Danksagung
Die Autorin
Die Romane von Mona Kasten bei LYX
Impressum
Mona Kasten
Dream Again
Roman
Zu diesem Buch
Jude Livingston hat alles verloren: ihren Job, ihr Erspartes und ihren großen Traum, als erfolgreiche Schauspielerin in L. A. durchzustarten. Da sie sich nicht traut, ihren Eltern von ihrem Scheitern zu erzählen, bleibt ihr erst einmal nichts anderes übrig, als nach Woodshill zu ziehen und in der WG ihres großen Bruders Ezra unterzukommen – selbst wenn das bedeutet, dass sie mit Blake Andrews unter einem Dach leben muss. Dieser ist nicht nur Ezras bester Freund, sondern auch Judes erste große Liebe. In der Highschool waren die beiden ein Paar, doch Jude hatte die Beziehung beendet, kurz nachdem sie für die Hauptrolle in einer TV-Serie nach Hollywood gezogen war. In Woodshill angekommen, merkt sie augenblicklich, dass Blake ihr auch jetzt, eineinhalb Jahre später, nicht verziehen hat. Er ist kühl, abweisend und lässt keine Gelegenheit aus, ihr zu zeigen, wie wenig er sie in seiner Nähe haben möchte. Dabei wünscht sich Jude nichts sehnlicher, als für ihn da zu sein. Denn auch Blakes Lebenstraum scheint unerreichbar, seit er sich bei einem Basketballspiel so schwer verletzt hat, dass er vielleicht nie wieder spielen kann. Doch je öfter die beiden aneinandergeraten, desto schwerer fällt es ihnen, die Funken zu ignorieren, die heftiger denn je zwischen ihnen sprühen. Und bald müssen sie sich fragen, ob sie bereit sind, ihre Herzen ein zweites Mal zu riskieren …
Für meine Leser,
ohne die all das nicht möglich wäre.
Dream Again Playlist
Ghost Of You – 5 Seconds of Summer
Want You Back – 5 Seconds of Summer
Easier – 5 Seconds of Summer
Think About Us – Little Mix
Forget You Not – Little Mix
Gimme – Banks
Till Now – Banks
What A Time (feat. Niall Horan) – Julia Michaels
So Far Away – Agust D, SURAN
Don’t Throw It Away – Jonas Brothers
Vulnerable – Selena Gomez
Too Young – Louis Tomlinson
Falling – Harry Styles
Adore You – Harry Styles
The Archer – Taylor Swift
Afterglow – Taylor Swift
Don’t Give Up On Me – Andy Grammer
How Do You Sleep – Sam Smith
Entertainer – ZAYN
You Send Me – Sam Cooke
Kapitel 1
Ich hasste den Winter und alles, was damit zu tun hatte: Kälte und Schnee, zehn Schichten Kleidung tragen zu müssen oder Schals und Mützen, die die Haare elektrisch aufluden. Wenn es nach mir ging, konnte das ganze Jahr über Sommer sein. Je wärmer es war, desto glücklicher war ich.
Und deshalb war ich im Moment auch sehr, sehr unglücklich.
Ende Januar war in Woodshill, Oregon, alles zugeschneit. Und obwohl ich den Winter ohnehin schon nicht ausstehen konnte, musste ich jetzt auch noch von dem kleinen Busbahnhof mit einer Reisetasche, einem Rucksack und einem Koffer im Schlepptau zu Fuß durch die halbe Stadt laufen.
Ich brauche dich nicht abzuholen, Jude , hatte mein dämlicher Bruder gesagt. Zu mir sind es bloß zehn Minuten.
Zehn Minuten, dass ich nicht lachte. Mittlerweile kämpfte ich mich seit über einer halben Stunde durch den braunen Matsch. Meine Schuhe waren durchweicht, meine Hände und Ohren abgefroren, und laut meinem Handy würde ich immer noch über zehn Minuten gehen müssen, bis ich ankam.
Kurzerhand beschloss ich, dass es Zeit für eine Pause war, und betrat ein Café am Straßenrand. Ein Kerl sah mich komisch von der Seite an, als ich mein Gepäck über die Schwelle hievte und dabei laut fluchte. Ich erwiderte seinen Blick so böse, dass er schnell wegsah und an mir vorbei nach draußen verschwand.
Normalerweise war ich nicht so angriffslustig. Aber in der Regel war ich auch nicht mehr als vierundzwanzig Stunden auf den Beinen, um vom einen in den nächsten Staat umzuziehen, mit nichts als ein paar Habseligkeiten und zerbrochenen Träumen im Gepäck.
Schnaufend trat ich an die Theke und blies mir eine sandblonde Haarsträhne aus dem Auge, die sich unter der dicken Wollmütze hervorgestohlen hatte.
»Was kann ich für dich tun?«, fragte die Barista und lächelte mich an.
Sie war der erste Mensch seit mehreren Tagen, der freundlich zu mir war. Am liebsten hätte ich sie umarmt. »Einen extragroßen Karamell-Macchiato bitte. Mit viel Sirup. Und viel Schaum. Und einer Portion Liebe, wenn’s geht.«
Sie blinzelte ein paarmal. »Aber sicher. Kommt sofort«, sagte sie dann und beschriftete einen Becher.
Ich zog meinen Wollhandschuh mit den Zähnen aus und fingerte in meiner hinteren Hosentasche nach dem letzten bisschen Geld, das ich besaß.
Es waren gerade mal zweieinhalb Dollar.
Ich zog eine Grimasse und schob das Geld über die Theke. »Das reicht vermutlich nicht, oder?« Der Handschuh steckte noch immer in meinem Mund, weshalb meine Worte kaum zu verstehen waren.
»Nein, aber wir nehmen Kreditkarten«, sagte sie mit einem Nicken in Richtung des kleinen Geräts, das mich mit seinem Blinken zu verhöhnen schien.
»Ich habe meine Karte leider nicht dabei«, log ich. Der Handschuh fiel aus meinem Mund auf den Boden.
»Dann fürchte ich, dass das mit deiner Bestellung nichts wird«, sagte die Barista und verzog mitleidig die Mundwinkel. Wie ich mich in ihr getäuscht hatte.
Ich bückte mich und hob meinen Handschuh auf, wobei mir die Reisetasche von der Schulter rutschte und schmerzhaft eine Handvoll Haare ausriss. Ich stieß einen weiteren Fluch aus.
»Das geht auf mich«, erklang eine Stimme hinter mir.
Ich drehte mich um und stand einem hübschen Mädchen gegenüber. Sie trug eine beige Baskenmütze, unter der gewelltes schwarzes Haar zum Vorschein kam. Sie hatte ein elfengleiches Gesicht und strahlend blaue Augen, auf die ich ein bisschen neidisch war. Zwar fand ich meine braunen Augen auch okay, aber ihre hielten einen förmlich gefangen. Bestimmt konnte sie Menschen damit hypnotisieren. Vielleicht tat sie das sogar in diesem Augenblick, denn ich brauchte einen Moment, bis ich verstand, was sie gerade gesagt hatte.
»Im Ernst?«, fragte ich.
»Ja«, sagte sie und wandte sich dann wieder an die Barista. »Und für mich bitte einen Matcha Latte und einen schwarzen Kaffee. Ich habe zwei To-go-Becher.« Sie schob zwei große Becher über die Theke, die aussahen, als wären sie aus Bambus.
»Dein Name?«, fragte die Barista, plötzlich wieder die Freundlichkeit in Person.
»Everly.« Das Mädchen zückte eine Karte un
d legte sie auf das Gerät, das kurz piepte.
Ich konnte nicht glauben, dass das gerade wirklich geschah. Sie musste mein Schutzengel sein – ein Geschenk des Schicksals als Ausgleich für die beschissenen letzten Wochen.
»Ich überlege gerade, ob ich dich umarmen soll, Everly«, sagte ich und konnte mich nur mit großer Mühe zurückhalten.
Das Mädchen schenkte mir ein Lächeln. »Nicht nötig. Nächstes Mal gibst du mir einfach einen aus.«
»Dafür brauche ich neben deinem Namen aber auch noch deine Nummer. Oder deinen Facebook-Namen. Oder dein Instagram«, sagte ich und griff nach meinem Handy.
Everly hielt perplex inne, und ihr Lächeln verblasste. Diesen Gesichtsausdruck kannte ich. Ich ging in der Regel offen und unbedarft auf Menschen zu, und so sahen sie meistens aus, wenn ich sie überrumpelt hatte. Ich erwog kurz, mich dafür zu entschuldigen, aber Everly war bereits abgelenkt. Interessiert nahm sie meine Taschen in Augenschein.
»Du bist nicht von hier, oder?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Ich komme gerade aus Kalifornien. Wo es übrigens angenehm warm ist.«
»Ich wollte schon immer mal nach Kalifornien.«
In diesem Moment wurden unsere Getränke ausgerufen. Zusammen gingen wir an die rechte Seite der Theke, wo die beiden Becher standen. Ich organisierte mich kurz neu und stopfte meinen Handschuh in die Manteltasche.
»Was treibt dich nach Woodshill?«, fragte Everly mit schräg gelegtem Kopf.
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte ich seufzend. »Ich besuche meinen Bruder.«
Sie nickte. »Was bedeutet, du kennst schon jemanden hier. Das ist doch gut.«
»Mein Bruder und seine Clique sind wahrscheinlich nicht unbedingt die Menschen, mit denen ich meine Freizeit verbringen werde, aber ja. Es ist gut, nicht komplett von vorne anfangen zu müssen«, sagte ich und griff nach meinem Becher.
Everly dachte kurz nach und streckte dann eine Hand aus. »Gib mir dein Handy.«
Ich reichte es ihr, und sie tippte etwas ein. Dann gab sie es mir zurück. »Ich habe meine Nummer eingespeichert. Damit du dich für den Kaffee revanchieren kannst.«
Ich grinste bis über beide Ohren. »Mach dich drauf gefasst, dass ich mich bei dir melden werde, sobald ich richtig angekommen bin.«
»Super.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Ich muss jetzt los, mein Freund wartet auf mich, und ich bin spät dran.«
»Klar, geh nur. Und danke noch mal für den Kaffee«, sagte ich mit erhobenem Becher. Sie stieß mit ihrem zum Abschied dagegen.
Ich sah ihr hinterher, als sie das Café verließ, dann sammelte ich meine Sachen zusammen und trat ebenfalls nach draußen.
Ich nahm einen großen Schluck von meinem Kaffee. Er war noch viel zu heiß, schmeckte aber himmlisch und spendete mir die Kraft, die ich brauchte, um den restlichen Weg zum Haus meines Bruders anzutreten.
In Gedanken verfluchte ich Ezra. Garantiert hatte er einfach keine Lust gehabt, mich vom Bahnhof abzuholen. Er hatte – genau wie meine Eltern – keine Ahnung, was in Los Angeles geschehen war, nur dass ich eine Auszeit brauchte und nicht wusste, wo ich sonst hinsollte. Hätte ich ihm die Wahrheit erzählt, hätte er sich wahrscheinlich ins Flugzeug gesetzt und mich persönlich von dort abgeholt und hergebracht. Doch das wollte ich nicht. Ich wollte weder sein Mitleid, noch dass er wusste, wie kolossal ich tatsächlich gescheitert war. Also hatte ich ihm am Telefon nur eine Reihe von vagen Erklärungen aufgetischt und gleichzeitig das Versprechen abgerungen, unseren Eltern unter gar keinen Umständen zu erzählen, dass ich nicht mehr in Kalifornien war.
Und jetzt war ich hier, am einzigen Ort, an den ich hatte gehen können – ob es mir gefiel oder nicht. Immerhin hatte ich bereits eine Bekanntschaft geschlossen. Ich glaubte an das Schicksal und versuchte, in allem immer ein Zeichen zu sehen. Und das Aufeinandertreffen mit Everly musste so ein Zeichen gewesen sein.
Scheiß auf L. A. , dachte ich, während ich meinen Koffer durch den Matsch entlang der Hauptstraße zog. Scheiß aufs Schauspielen, scheiß auf Hauptrollen, scheiß auf Träume. Scheiß auf alles.
Ich musste dieses Mantra immer und immer wiederholen, dann würde es irgendwann in meinem Unterbewusstsein ankommen. Schließlich hatte das schon einmal geklappt, als mein erster großer Traum geplatzt war.
Ich ließ mich von der Karte auf meinem Handy leiten und bog an der nächsten Kreuzung ab. Die Straße war schmaler und ruhiger, und je weiter ich ging, desto weißer und weniger matschig wurde der Schnee – und desto schwieriger kam ich mit meinem Gepäck voran.
Als ich endlich vor dem grau verkleideten Haus angekommen war, das auf Ezras Beschreibung passte, war ich nass, halb erfroren und völlig außer Puste. Ich würde garantiert Muskelkater im Arm bekommen.
Der Vorgarten des Hauses war komplett zugeschneit. Nur der Gehweg war notdürftig gestreut worden. Einige Fußabdrücke waren darauf zu erkennen, bei deren Anblick mein Herz ein bisschen schneller schlug.
Ich straffte die Schultern und rückte die Reisetasche zurecht, bevor ich den kleinen Weg zur Eingangstür entlangging. Nachdem ich meinen schweren Koffer die Stufen hinaufgeschleppt hatte, klopfte ich mir kurz den Schnee von den Schultern. Während mein Gesicht eiskalt war, hatte ich unter der Daunenjacke begonnen, wie verrückt zu schwitzen. Ich war froh, dass ich endlich angekommen war, und hoffte, gleich unter die Dusche springen zu können.
Ich drückte auf die Klingel. Eigentlich wusste Ez, dass ich um diese Zeit ankommen würde. Ich hatte ihm geschrieben, als mein Flugzeug in Portland gelandet, und auch, als ich anschließend in den Bus gestiegen war. Ich hatte meinen Bruder seit Thanksgiving nicht mehr gesehen und freute mich riesig, endlich hier zu sein – selbst unter den gegebenen Umständen.
In diesem Moment hörte ich Schritte im Flur und ein leises Klicken, das ich nicht genau deuten konnte. Ich wollte mich gerade auf die Zehenspitzen stellen, um durch das Milchglas zu schauen, als die Tür schwungvoll aufgezogen wurde.
Ich schnappte nach Luft.
Darauf war ich absolut nicht vorbereitet gewesen. Weder auf das vertraute Prickeln, das sich in meinem Körper ausbreitete, noch auf die grünen Augen, die sich in meine bohrten und in denen sich mein eigener Schock widerspiegelte.
Ohne etwas daran ändern zu können, starrte ich zurück, nahm den Anblick vollkommen in mich auf: die dichten schwarzen Wimpern, das kantige Gesicht, die Bartstoppeln auf den Wangen, die damals noch nicht da gewesen waren. Auch die braunen Haare sahen anders aus. Nur die Augen – sie waren mir noch immer so vertraut, dass mein Magen einen Flickflack schlug.
»Hi, Blake«, krächzte ich. Auf dem Weg hierher war mir anscheinend meine Stimme abhandengekommen.
Er stand vor mir und stützte sich auf Krücken. Ich fragte mich, was mit ihm passiert war, doch bevor ich auch nur ein weiteres Wort herausbringen konnte, zogen sich seine Brauen zu einer steilen Falte zusammen. Dann hob er die Hand – und schlug mir die Tür vor der Nase zu.
Ich starrte sie perplex an und brauchte einen Moment, bis ich aus meiner Starre erwachte.
»Hey!«
Seine Schritte entfernten sich, ebenso das Klicken, von dem ich jetzt wusste, dass es von den Krücken kam.
»Blake, ich erfriere hier draußen. Mach verdammt noch mal die Tür auf!«, rief ich.
Keine Reaktion.
»Soll ich Ezra anrufen und ihm sagen, dass du mich im Kalten stehen lassen hast?«
Das Klicken wurde wieder lauter. Kurz darauf riss Blake die Tür auf und starrte mich mit genau demselben düsteren Blick an wie wenige Augenblicke zuvor.
»Du warst schon immer eine unerträgliche Petze.«
Autsch.
Das waren also die ersten Worte, die ich nach mehr als einem Jahr von ihm zu hören bekam. Es tat ein bisschen weh, das musste ich zugeben. Auf der anderen Seite wusste ich, dass ich sie verdient hatte.
Ich wollte gerade etwas sagen, als er kehrtmachte und davonhumpelte. Seufzend zog ich meinen Koffer über die Türschwelle und stellte ihn zusammen mit meiner Reisetasche im Flur ab. Anschließend schälte ich mich aus den Wintersachen und legte sie auf mein Gepäck. Dann folgte ich Blake in
Richtung Wohnzimmer. Ich hatte das alles bisher nur über Facetime gesehen, bei meinem Telefonat mit Ez. In echt sah das Haus, das sich mein Bruder mit drei seiner Mannschaftskameraden teilte, ganz anders aus. Es roch unverkennbar nach meinem Bruder und Blake, und ein vertrautes Gefühl machte sich in meinem Magen breit.
»Was ist mit deinem Bein passiert?«, fragte ich, als ich Blake eingeholt hatte.
Er setzte sich auf das schwarze Ledersofa und ließ die Krücken achtlos auf den Boden fallen, den Blick auf den Flachbildschirm gerichtet, der gegenüber an der Wand hing. Ohne mir zu antworten, nahm er den Controller in die Hand und setzte sein Spiel fort.
Ich verkniff mir ein Lächeln. Er hatte solche NBA-Spiele früher immer mit Ez gespielt. Die beiden waren einander dabei ständig an die Gurgel gegangen, sodass ich die Friedensstifterin hatte spielen müssen.
Ich nahm die Schiene, die er über der grauen Jogginghose trug, genauer in Augenschein. Sie war breit und erstreckte sich von der Mitte seines Schienbeins bis zur Mitte seines Oberschenkels.
»Hast du dich beim Spielen verletzt?«, fragte ich weiter.
Blake tat so, als würde ich nicht existieren, während er wie besessen auf den Knöpfen des Controllers rumdrückte. Auch das erinnerte mich schmerzlich an früher.
Ich riss mich zusammen und verdrängte die Erinnerungen, genau wie alles andere. Im Verdrängen war ich mittlerweile ziemlich gut. Dann setzte ich mich auch aufs Sofa, möglichst weit von ihm entfernt, und sah ihm eine Weile zu.
»Ist Ezra nicht zu Hause? Ich hatte ihm eigentlich gesagt, wann ich ankomme.«
Den Blick weiter auf den Fernseher geheftet, fragte er: »Was willst du hier, Jude?«
Seine Stimme klang kratzig und genauso tief wie in meiner Erinnerung. Sie löste ein Kribbeln in meinem Magen aus. Ich schob es auf den Hunger.
»Hat Ez nicht erzählt, dass ich komme?«
»Hätte er das getan, hätte ich mein Veto eingelegt.«
Ich biss die Zähne fest zusammen. Ezra hatte mich also angelogen, als er gesagt hatte, dass es okay für alle war, wenn ich vorerst hier unterkam. Verfluchter Mist. Ich hatte kein Geld, mir etwas anderes zu suchen, gleichzeitig wollte ich die alten Wunden zwischen Blake und mir nicht aufreißen, indem ich gegen seinen Willen einzog. Als Ez mir versichert hatte, dass alle einverstanden seien, hatte ich ihm blind geglaubt.